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MARIOS REGELERLÄUTERUNGEN (4) – Einsatzverzögerung

von Mario Haßler, 26.08.2008 - 12:00 – Regeln

Der Begriff "Einsatzverzögerung" (engl. summoning sickness) war früher fester Bestandteil des Spiels. Es kursieren auch Bezeichnungen wie "Beschwörungstrauma", aber ich bin mir nicht sicher, ob diese jemals offiziell verwendet wurden. Jede Kreatur "litt" unter Einsatzverzögerung, außer auf ihr stand "...leidet nicht unter Einsatzverzögerung."

In dem heute gültigen Regelwerk taucht der Begriff "Einsatzverzögerung" nicht mehr im Sinne einer Eigenschaft von Kreaturen auf. Stattdessen gibt es eine Regel, die das regelt, ohne den Begriff "Einsatzverzögerung" zu gebrauchen, und der Begriff selbst wird als "umgangssprachlich" abgetan.

Vom Prinzip her hat sich jedoch nichts geändert, und die Regel besteht aus einem einzigen Satz:

Eine Kreatur kann nur angreifen und du kannst ihre Fähigkeiten, die ein {tap} oder {enttap} in ihren Kosten haben, nur spielen, wenn sie seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel war.

Das ist schon alles. Doch auch hier kommt es erstaunlicherweise immer wieder zu Missverständnissen, auch bei Spielern, die schon jahrelang Magic spielen. Grund genug, sich den Satz mal genauer anzuschauen und Stück für Stück zu ermitteln, was er uns sagen will. Weil es anschaulicher ist, bleibe ich "umgangssprachlich" und verwende den Begriff "Einsatzverzögerung".


Einsatzverzögerung betrifft nur Kreaturen

Kreaturen kennen wir, das sind diese bleibenden Karten mit Stärke und Widerstandskraft in der rechten unteren Ecke, bei denen "Kreatur" in der Typzeile steht. Auch Kreaturenspielsteine sind Kreaturen. Sie alle sind von Einsatzverzögerung betroffen.

Beispiel: In deiner ersten Hauptphase spielst du die Hexerei Ruf der Herde, mit der du einen Elefanten-Spielstein ins Spiel bringst, und ein Gezähmtes Armodon, das ebenfalls ein 3/3-Elefant ist. Sowohl Kreaturenspielstein als auch Kreatur können in diesem Zug noch nicht angreifen, weil sie Einsatzverzögerung haben.

Regeln und Definitionen werden oft auch dadurch geprägt, was nicht in ihnen steht. Bei der Einsatzverzögerung ist nur die Rede von Kreaturen. Es gibt keinen Hinweis auf Artefakte, Länder, Verzauberungen oder Weltenwanderer, also sind sie ganz klar nicht von Einsatzverzögerung betroffen. Das muss man nicht ausdrücklich erwähnen ("Artefakte, die keine Kreaturen sind, sind nicht von Einsatzverzögerung betroffen. Länder, die keine Kreaturen sind, ..."), das drückt die Regel auf indirekte Weise bereits aus.

Beispiel: Du kannst die {tap}-Fähigkeit der Reliktenbarriere bereits in dem Zug nutzen, in dem du sie ins Spiel gebracht hast, um ein Artefakt deiner Wahl zu tappen. Die Reliktenbarriere ist keine Kreatur und hat deshalb keine Einsatzverzögerung.

Was ist aber mit bleibenden Karten, die sowohl Kreaturen sind als auch einen anderen Kartentyp haben? Häufigstes Beispiel sind Artefaktkreaturen. Hierzu sagt das Glossar des Regelbuchs: "Artefaktkreaturen werden von allem, was Artefakte betrifft, genauso betroffen wie von allem, was Kreaturen betrifft." Es gibt keine Regel, die besagt, dass Artefakte keine Einsatzverzögerung haben, aber es gibt eine Regel, die besagt, dass Kreaturen Einsatzverzögerung haben. Also sind Artefaktkreaturen als Kreatur von der Einsatzverzögerung betroffen, und genauso verhält es sich mit Ländern, Verzauberungen und anderen bleibenden Karten, wenn sie auch Kreaturen sind.

Beispiel: Im Spiel befindet sich die Revolte der Natur, eine Verzauberung mit dem Text "Alle Länder sind 2/2 Kreaturen, die auch noch Länder sind." Wenn du ein Land ins Spiel bringst, kannst du es nicht gleich für Mana tappen, denn die Manafähigkeit ist eine aktivierte Fähigkeit mit dem Tappsymbol in den Kosten (beispielsweise hat ein Sumpf die eingebaute Fähigkeit "{tap}: Erhöhe deinen Manavorrat um {s}."). Durch die Verzauberung ist das Land auch eine Kreatur und leidet unter Einsatzverzögerung, also kann die {tap}-Fähigkeit nicht gespielt werden.

Ist doch ganz einfach, oder?


Eine Kreatur mit Einsatzverzögerung kann nicht angreifen

Auch damit ist bereits alles gesagt, und auch hier gilt wieder der Umkehrschluss: Eine Kreatur kann offensichtlich blocken, auch wenn sie Einsatzverzögerung hat.

Mit Blick auf den folgenden Absatz sei ergänzt: Sie kann auch dann nicht angreifen, wenn sie Wachsamkeit hat, also beim Angreifen nicht getappt wird. Sie kann nicht angreifen, ohne wenn und aber.


Fähigkeiten einer Kreatur, die ein {tap} oder {enttap} in ihren Kosten haben, können nicht gespielt werden, wenn die Kreatur Einsatzverzögerung hat

Halten wir zunächst fest: Fähigkeiten, die Kosten haben und gespielt werden können, sind allein aktivierte Fähigkeiten – das sind die mit dem Doppelpunkt ":". Ausgelöste Fähigkeiten oder statische Fähigkeiten sind von Einsatzverzögerung nicht betroffen.

Dann ist die Rede davon, dass nur Fähigkeiten dieser Kreatur betroffen sind, bei denen das Tapp-Symbol {tap} oder das Enttapp-Symbol {enttap} in den Kosten auftaucht. Das heißt umgekehrt: Aktivierte Fähigkeiten, bei denen diese Symbole nicht in den Kosten auftauchen, sind auch nicht betroffen.

Beispiel: Der Gabelschweif-Miko ist u. a. ein Kleriker mit der Fähigkeit "{w}, {tap}: Verhindere die nächsten 2 Schadenspunkte, die einer Kreatur oder einem Spieler deiner Wahl in diesem Zug zugefügt würden." In den Aktivierungskosten dieser Fähigkeit kommt das {tap}-Symbol vor, also kannst du sie nicht spielen, wenn der Gabelschweif-Miko Einsatzverzögerung hat.

Beispiel: Der Meister-Apotheker ist u. a. ein Kleriker mit der Fähigkeit "Tappe einen ungetappten Kleriker, den du kontrollierst: Verhindere die nächsten 2 Schadenspunkte, die einer Kreatur oder einem Spieler deiner Wahl in diesem Zug zugefügt würden." In den Aktivierungskosten dieser Fähigkeit kommt das {tap}-Symbol nicht vor, also kannst du sie auch spielen, wenn der Meister-Apotheker Einsatzverzögerung hat, und du kannst dafür auch ihn selbst tappen oder einen anderen Kleriker, auch wenn dieser Einsatzverzögerung hat.

Beispiel: Die Selesnija-Evangelistin hat die Fähigkeit "{1}, {tap}, tappe eine ungetappte Kreatur, die du kontrollierst: Bringe einen 1/1 grünen Saprolingspielstein ins Spiel." Du kannst diese Fähigkeit nicht spielen, wenn die Selesnija-Evangelistin selbst noch Einsatzverzögerung hat. Aber wenn sie keine Einsatzverzögerung mehr hat und du die Fähigkeit spielst, kannst du für die Kosten eine andere ungetappte Kreatur tappen, auch wenn diese noch Einsatzverzögerung hat, da du keine Fähigkeit der "einsatzverzögerten" Kreatur spielst.


Eine Kreatur hat Einsatzverzögerung, wenn sie nicht seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel ist

Wenn du in deinem Zug eine Kreatur ins Spiel bringst, war sie zu Beginn deines Zuges noch nicht im Spiel, also hat sie in diesem Zug Einsatzverzögerung. Aber auch im Zug deines Gegners ist sie – man achte auf den Wortlaut – "nicht seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel", also hat sie immer noch Einsatzverzögerung. Erst in deinem nächsten Zug endet die Einsatzverzögerung.

Beispiel: In deiner ersten Hauptphase spielst du einen Abtrünnigen Zauberer aus, eine 1/1-Kreatur mit der Fähigkeit "{tap}: Der Abtrünnige Zauberer fügt einer Kreatur oder einem Spieler deiner Wahl 1 Schadenspunkt zu." Du kannst mit ihm in diesem Zug nicht angreifen, und du kannst weder in deinem Zug noch im Zug des Gegners seine aktivierte Fähigkeit spielen, um einer Kreatur oder einem Spieler Schaden zuzufügen.

Beispiel: Du möchtest deinen Zug beenden. In deinem Zugendsegment spielt dein Gegner noch einen Elefantenüberfall, einen Spontanzauber mit dem Text "Bringe einen 3/3 grünen Elefantenspielstein ins Spiel." Wenn dein Zug beendet ist, kommt dein Gegner an die Reihe und hat einen Elefantenspielstein, der keine Einsatzverzögerung mehr hat, da er sich seit Beginn dieses Zugs bereits unter seiner Kontrolle im Spiel befindet.

Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, auf welche Weise die Kreatur ins Spiel gekommen ist. Es ist für die Einsatzverzögerung egal, ob du die Kreatur mit einem Zauberspruch aus deinem Friedhof ins Spiel gebracht hast, ob du sie über eine aktivierte Fähigkeit von deiner Hand ins Spiel gebracht hast, ob eine ausgelöste Fähigkeit dich die Karte aus der Bibliothek hat suchen und ins Spiel bringen lassen oder ob du sie – auch das soll's ja geben – ganz normal für ihre Manakosten gespielt hast.

Die Einsatzverzögerung gilt offensichtlich auch für eine Kreatur, die du z. B. mit Überreden vom Gegner übernommen hast. Sie ist zwar ununterbrochen im Spiel und hatte zum Zeitpunkt der Übernahme vielleicht keine Einsatzverzögerung mehr, aber vor der Übernahme war sie unter der Kontrolle deines Gegners im Spiel, und erst danach ist sie unter deine Kontrolle gekommen. Also gilt, dass sie "nicht seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel ist", und demzufolge hat sie wieder Einsatzverzögerung. (Das gilt umgekehrt auch, wenn der Gegner deine Aura zerstört und er die Kontrolle über seine Kreatur zurückerhält.)

Was ist mit einer Kreatur, die kurz das Spiel verlassen hat und dann wieder zurückgekommen ist, z. B. durch Kurzzeitiges Flimmern? Diese Kreatur war nicht (ununterbrochen) seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel, ja sie weiß nicht mal, dass sie jemals vorher schon einmal im Spiel war – also hat sie Einsatzverzögerung.

Knifflig wird es allerdings, wenn die bleibende Karte erst im Laufe des Zuges (auch) zu einer Kreatur geworden ist. Hat sie dann Einsatzverzögerung? Die Antwort lautet: Ja, wenn die bleibende Karte (die vorher keine Kreatur war) nicht seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel ist; oder nein, wenn sie seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel ist. Zugegeben: Diesen Sachverhalt gibt (derzeit) nicht mal das höchst offizielle Ausführliche Regelwerk wieder, aber hier dürft ihr mir einfach mal glauben. Das ist so.

Beispiel: Du spielst in deinem Zug ein Ändergewölbe aus. Im Zug deines Gegners zahlst du {1}, um es auch zu einer 2/2-Kreatur zu machen und mit ihm zu blocken. Du kannst es nun nicht mehr für Mana tappen, da es als Kreatur Einsatzverzögerung hat und sich diese bleibende Karte nicht seit Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel befand.


Eile

Was früher mit "Diese Kreatur leidet nicht unter Einsatzverzögerung" umschrieben wurde, ist heute eine Fähigkeit mit einem Schlüsselwort: Eile (engl. haste). Für eine Kreatur mit Eile gilt die Einsatzverzögerung nicht, oder anders ausgedrückt:

→ Eine Kreatur kann nur angreifen und du kannst ihre Fähigkeiten, die ein {tap} oder {enttap} in ihren Kosten haben, nur spielen, wenn sie seit dem Beginn deines Zuges unter deiner Kontrolle im Spiel war. Ignoriere diese Regel, falls die Kreatur Eile hat.


Zusammenfassung

Als Wiederholung und zum Einprägen:

Keine Kreatur? Keine Einsatzverzögerung!

Einsatzverzögerung? Angreifen nein, blocken ja.

Aktivierte Fähigkeit ohne {tap} oder {enttap}? Einsatzverzögerung egal!

Nicht seit Beginn deines Zuges ununterbrochen unter deiner Kontrolle im Spiel? Einsatzverzögerung!

Eile? Vergiss Einsatzverzögerung!



Klick hier für eine Übersicht über alle in dieser Reihe bisher erschienenen Artikel



2 Kommentare

#1MoritzD    kommentiert:  30.08.2008 - 21:08 Uhr

So simpel...
Wieso gibts da eigentlich immer wieder Fragen?
Toll gemacht!

#2Mario Haßler     Online-Magic Skype kommentiert:  01.09.2008 - 08:44 Uhr

Danke für das Lob. Ja, dass selbst "alte Hasen" damit immer wieder Probleme haben – insbesondere mit den beiden einfachen Regeln "Keine Kreatur? Keine Einsatzverzögerung!" und "Aktivierte Fähigkeit ohne {tap} oder {enttap}? Einsatzverzögerung egal!" – ist schon seltsam.


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