von Grizzly, 25.07.2014 - 04:46 – Allgemeines · Meinung
Warum schreibe ich hier? Ich weiss es nicht. Vielleicht wollte ich selber einen Primer schreiben, wie es bmac bereits getan hat. Angetrieben von der Diskussion, die in der Plauderecke vor einiger Zeit stattgefunden hat. Doch wie hätte es geendet? Wahrscheinlich mit einem Primer zu Decks wie Cobra Gush, MUD, 7/10 Split oder Slaver.
Hmm? Wie bitte? Was sind das für Decks? Genau! Da liegt das Problem. Ich gehe stark davon aus, dass die Mehrheit hier, eigentlich alle, noch nie Vintage gespielt hat, oder es zumindest nicht tut. Also habe ich mich dazu umentschieden einfach über das Format zu schreiben. Ich will hier keinesfalls das Format rechtfertigen, oder es euch aufzwingen. Einfach nur schreiben, um des Schreibens Willen.
Es gibt einige Argumente, warum so wenige Leute Vintage spielen. Man sagt doch auch mal schnell: "
Ach, da dauert doch jedes Spiel nur ein, zwei Züge! Was soll daran spassig sein?" Oder man klagt die Brutalität der Decks an, die das Spiel einfach so rumreissen und den Sieg entgegen des Spielverlaufs "klauen".
Daran hängt dann auch das Argument, dass der Münzwurf/Würfelwurf dem Sieg gleicht und das die Spiele generell interaktionslos sind.
Oder aber man sagt: "
Aber Grizzly. Die spielen doch alle entweder Mishra's Workshop, Bazaar of Baghdad oder Jace, der Gedankenformer (Jace, the Mind Sculptor). Das ist doch langweilig! Es gibt keine Diversität."
Nun, es gibt tatsächlich die fünf Säulen des Vintages (oder zumindest gab es die einst). Schauen wir uns die mal etwas genauer an.
Stab des Nichts (Null Rod)
Tempo-Decks und Aggro-Decks sind hier vertreten. Man nutzt den
Stab des Nichts (Null Rod), um das artefaktlastige Format auszubremsen, und schnell zu besiegen. Da viele Decks hier ungepowert sind (d.h. die P9 nicht spielen) sind das die günstigen Decks. Heisst aber nicht, dass diese schlecht sind!
Beispiele:
Noble Fish, Hate Bears, TMWA (The Mountains Win Again)
Schwarzer Ritus (Dark Ritual)
Das entspricht dem stereotypischen Vintage-Deck. Mit Hilfe der
Rituale macht man sich genug Mana, bzw. Sturm, um mit
Ranken der Pein (Tendrils of Agony) zu gewinnen.
Beispiele:
TPS (The Perfect Storm), Grim Long
Bazaar of Baghdad
Das gefürchtete Dredge-Deck nutzt eigentlich nur diese Karte, um schnell zu gewinnen, indem der Friedhof absurd schnell gefüllt wird, und mit dessen Ressourcen dann das Spielfeld flutet.
Beispiele:
Dredge, Minus-6
Mishra's Workshop
Die Shop-Decks nutzen den immensen Manavorteil, welches das Land generiert, um die Artefakte des Decks so schnell wie möglich auszuspielen und so einen Boardvorteil zu sichern.
Beispiele:
MUD, UbaStax
Manaentzug (Mana Drain)
Und schliesslich dürfen auch die Control-Decks nicht fehlen. Mit Countern und
Jace, der Gedankenformer (Jace, the Mind Sculptor) versucht man die Oberhand zu gewinnen und zu behalten. Naja, typisch Control halt. Wer kennt das nicht?
Beispiele:
Bomberman, Slaver
Das ist so ungefähr, wie das Format aussieht? Wo bleibt da die versprochene Abwechslung?
Das Geheimnis liegt in den Kombinationen der Säulen! Ein Beispiel dafür, wäre das
UbaStax-Deck, welches mit
Mishra's Workshop schnell eine
Uba-Maske (Uba Mask) ausspielen will, welche dann in Kombination mit
Bazaar of Baghdad extremen Kartenvorteil generiert. Man lese den Marktplatz so: "
: Ziehe zwei Karten."
Ausserdem dürfen wir nicht vergessen: Nur eine Karte bestimmt nicht die restlichen 56! Man kann durchaus Kombo-Decks ohne
Schwarzer Ritus (Dark Ritual) spielen, dafür mit
Bazaar of Baghdad oder
Manaentzug (Mana Drain) oder mit beiden! Oder ohne auch nur eine von den Säulen! Die Auswahl ist riesig!
Aber ich bin ja nicht hier, um über die Decks zu schreiben. Dafür gibt es ja Primer. Nein, ich will ja generell zum Denken anregen, warum dieses Format, meiner Meinung nach, missverstanden wird.
Ist das Format aber nun wirklich vielfältig, wenn (fast) jedes Deck die gleichen Kerne spielt?
Hier kann jeder sich seine eigene Definition des Wortes
Diversität zusammenschneidern. Sind es die Kerne, die so solide sind, dass man nun eine x-beliebige Hülle drumherum kleistern kann, und man dann doch ein spielbares Deck hat? Oder geht es um die Strategie der Decks?
Betrachten wir das Modern-Format, sehen wir x-tausende verschiede Decks. Ohne jede Ähnlichkeit. Das liegt nun aber auch daran, dass dieses Format sehr jung ist, und die Grenzen noch erkundet werden müssen. Es gibt keine Karte die so herausragend stark ist, damit das Format total zerstört werden würde. Und vielleicht wird es auch nie eine solche Karte geben. Es gibt folgerichtig auch (noch?) keine Kerne, die man spielen muss. Das lässt Freiheiten.
Vintage und auch Legacy haben 10(!) Jahre längere Geschichte, und in diesen zehn Jahren, kamen extrem viele, mächtige Karten heraus. Man muss sich auf die
crème de la crème der Karten verlassen. Siehe Legacy mit
Gedankenwirbel (Brainstorm) in jedem blauen Deck. Oder mit
Bob als Draw-engine. Dennoch ist Legacy unglaublich divers.
Ich bin sicher, in 21 Jahren, falls dieses Spiel dann noch existiert, so wie wir es kennen, haben sich auch etliche Archetypen als die
Decks-to-Beat herauskristallisiert, die Modern dann dermassen dominieren, dass neue Kreationen einen viel schwereren Start haben werden.
Es gibt noch nicht so viele mächtige Karten, die das Format dominieren, und wahrscheinlich werden diese auch nicht alle in zwei Jahren gedruckt. Aber es werden immer mehr (
Ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion über den Powercreep starten).
Blickt man nun auf 21 Jahre
Magic: the Gathering zurück, ist die Wahrscheinlichkeit viel kleiner, dass eine Karte gedruckt wird, die Vintage beeinflusst. Das muss aber nicht heissen, dass es nie passiert.
Kelch der Leere (Chalice of the Void),
Trinisphäre (Trinisphere),
Golgari-Grabtroll (Golgari Grave-Troll),
Ley-Linie der Leere (Leyline of the Void),
Brücke aus der Tiefe (Bridge from Below),
Tezzeret der Sucher (Tezzeret the Seeker),
Magneteisengolem (Lodestone Golem),
Jace, der Gedankenformer (Jace, the Mind Sculptor),
Mentaler Fehltritt (Mental Misstep),
Käfig des Totengräbers (Grafdigger's Cage) und
Seelengewölbe (Cavern of Souls) sind eine Auswahl an Karten, die starke Wirkung auf das Format hatten, und z.T. auch neue Archetypen hervorbrachten, und veränderten. Sogar der
Aufschlitzender Panther (Slash Panther) wurde eine Zeit lang oft gespielt, einfach nur, um dem
doofen Jace eins auszuwischen.
Der Mythos vom Turn-One-Kill gehört auch zu den Gründen, warum man eventuell nichts von Vintage wissen will.
Nun, Legacy hat auch Decks, die im ersten Zug gewinnen können. Dominieren diese deswegen das Format? Sicherlich nicht, denn sonst hätte dieses Format auch den gleichen Ruf.
Kleiner Einschub: Ich denke auch, dass genau WEIL, wenig über Vintage gesprochen wird, das Bild sich nicht ändern kann. Ständig liest man Artikel über Standard, Modern oder Legacy und man ist daher viel eher vertraut mit diesen Formaten. Über Vintage liest man wenig, unter anderem, weil wenig Leute dieses Format spielen. Man schreibt doch keine Artikel die niemanden interessieren?! Die Klischees können so bestehen bleiben.
Wer würde denn noch das Schokoladeneis kaufen, mit den hässlichen Nüssen, das er/sie vor zehn Jahren als Kind nicht gemocht hatte? Old habits die hard.
Wo waren wir? Ach ja, der Turn-One-Kill!
Also, wie gesagt hat Legacy auch seine Storm-Decks, wie ANT und TES. Aber sie sind nicht so stark dominierend, dass man nur von denen spricht. Und man möge sich bitte im Klaren sein, dass im Legacy der
Mentaler Fehltritt (Mental Misstep) gebannt ist. Im Vintage jedoch ist das volle Playset erlaubt! Und trotzdem spielt man selten mehr als zwei.
Ausserdem sind viele Cantrips genau wegen TPS und Long-Decks im Vintage restriktiert.
Gedankenwirbel (Brainstorm),
In Betracht ziehen (Ponder), und lange Zeit auch
Vorherbestimmen (Preordain), darf man nur einmal spielen. Dies tut der Konsistenz auch keinen Gefallen.
Kleine Anekdote meinerseits: Ich habe man einen
Schandstahl-Koloss (Blightsteel Colossus) für volle 12 Mana gewirkt. Züge davor hatte ich mit dem
Seelengewölbe (Cavern of Souls) bereits
Golem angesagt, da ich wusste, ich würde den wirken müssen. Mein Gegner hatte dafür sogar extra meinen Lotus zerstört, um sich einige Züge zu kaufen.
Er konnte dann zwar einen
Jace auf das Feld bringen und mir den
Golem noch dreimal bouncen, aber dann konnte ich den Sack zumachen.
Von wegen kurze Spiele!
Es stimmt jedoch schon. Der Spannungsbogen, wie mein Deutschlehrer im Gymnasium gesagt hätte, ist kürzer als der von Standard zum Beispiel. Die Katharsis, die Läuterung, der
Punkt des "Deck-Fizzelns“, wie ich den Moment nenne, tritt viel früher ein.
"
Was ist denn ein "Deck-Fizzeln?“, fragt ihr euch. Ihr wisst bestimmt, das Kombos ständig "fizzeln", in anderen Worten, ins Leere laufen. Ein Deck tut das Gleiche.
Wenn ein
Kuldotha Red Spieler plötzlich einen
Schmetterschädel (Batterskull) vor sich hat, ist es ziemlich sicher ein Sieg für den Gegner, ausser dessen Hand ist totaler Müll. Auch wenn der
Schädel noch sechsmal angreifen muss, um zu gewinnen. Niemand sagt aber, dass der
Kuldotha Red Spieler verloren hat, auch wenn die Situation richtig schlecht aussieht. Er hat schliesslich noch Antworten!
Alles Lüge! Der
Stoneblade Spieler wehrt sich mit seinen Countern. Das Aggro-Deck "fizzelt“ dann, wenn der Batterskull beginnt vier bis acht Lebenspunkte zu generieren.*
*Keine Ahnung ob das ein realistisches Beispiel ist, ich habe nie ernsthaft Standard gespielt. Es soll nur als Veranschaulichung dienen
Im Vintage hat jede Karte die Macht den
Kuldotha Red Spieler aus seiner Situation zu retten. Der "Fizzle“ eines Decks findet statt, wenn dessen Pilot keine Lebenspunkte hat. Daher kommt vielleicht der Ruf des brutalen, schnellen Spiels.
Nimmt man irgendein zufälliges Casual-Deck in die Hand, drückt dort den Lotus, die Moxe und den
Sonnenring (Sol Ring) rein, wird man logischerweise erdrückt. Dasselbe passiert aber auch im Legacy. Und auch in Modern. Und ebenfalls in Standard. Nur wird der "Punkt des Fizzelns“ von Schritt zu Schritt immer undeutlicher, da die einzelnen Karten auch weniger Power haben. Man bekommt das Gefühl, eine Chance gehabt zu haben, obwohl die in Wirklichkeit nicht da war oder nur mit sehr viel Glück. Denn der Sieg den man dann doch einmal eingefahren hat, liegt dann an einer schlechten Hand, zu viel Bier oder Spielfehlern des Gegners. Da der "Punkt des Fizzelns“ aber nicht deutlich genug ist, denkt man, man hat eine Chance.
Man muss sich also in das Format einleben. Es verstehen. Es spielen. Aber man tut es nicht.
Das führt zu meinem letzten Punkt. Warum man es nicht tut.
Man fürchtet sich vor den Ausgaben. Das ist ein reales Problem. Das kann ich nicht „verschönern“. Doch eben diese Tatsache, dass die P9+ (ein Begriff, den ich nutze, um auch
Library of Alexandria und Konsorten zu benennen) so teuer und in erster Linie nicht einmal verfügbar sind, hat dazu geführt, dass sogar (!) sanktionierte Turniere, Proxies erlauben. Bis zu zehn Stück, ober sogar bis zu 15 Stück, hat man mir einmal gesagt.
Ja ich weiss, Proxies sind lahm. Aber schaut man sich den Umstand an, dass sogar richtige Turniere Proxies erlauben, dann wird doch klar, dass eine gewisse Notwendigkeit besteht, es so handzuhaben. Und dann fallen die Preise sogar unter die des Legacy-Decks. Natürlich kann das immer noch viel sein, und das ist es dann auch in den meisten Fällen. Aber so ist es nunmal. Und trotzdem wettert man nicht über Legacy als das unbezahlbare Format, welches es doch eigentlich ist.
Was spricht denn wirklich gegen Proxies?
Man spielt nicht mehr real. Man hat keinen Ansporn sich überhaupt noch Karten zu kaufen. Die gewonnenen Moxe an Vintage-Turnieren will man dann doch überhaupt nicht, wenn man sie für 300€ verkaufen kann, und die Proxies weiterhin nutzen darf.
Wir alle haben unsere Gründe. Auch ich. In meinen EDHs spiele ich keine. Selbst wenn ich das
Bücherregal (Scroll Rack) in meinem
Melek, Paragon der Izzet (Melek, Izzet Paragon)-Deck noch so gerne hätte, ich spiele kein Proxy davon. Ich tue es aber dann, wenn eine Notwendigkeit besteht.
Es ist wirklich nur der Umstand, dass die P9+ nicht verfügbar ist. Und wenn es denn helfen sollte sich den Weg zu einem richtigen
Mox Sapphire zu bahnen, dann macht mich das glücklich! Ich würde den Mox nicht verkaufen. Ich würde den Mox schätzen, als Zeichen meines Triumphes!
Um das geht es nämlich! Um das Gefühl!
Grizzly, Vintage Player
PS: Hier noch meine geschätzte Liste, für die, die es interessiert.
Es ist ein Control-Deck mit einem Kombo-Kill oder wohl eher ein Kombo-Deck mit Control-Elementen. Der Kombo-Kill? Der
Bomberman, der
Lotus und die
Bombe.
Grizzly's Bomberman
13 Artefakte
1x
Black Lotus
1x
Dosierter Sprengstoff (Engineered Explosives)
1x
Manakrypta (Mana Crypt)
1x
Manaschatz (Mana Vault)
1x
Mox Emerald
1x
Mox Jet
1x
Mox Pearl
1x
Mox Ruby
1x
Mox Sapphire
1x
Nihilistische Spruchbombe (Nihil Spellbomb)
1x
Schwefelkies-Spruchbombe (Pyrite Spellbomb)
1x
Weissagekreisel des Senseis (Sensei's Divining Top)
1x
Sonnenring (Sol Ring)
8 Kreaturen
2x
Auriok-Wiederverwerter (Auriok Salvagers)
1x
Magus der Zukunft (Magus of the Future)
2x
Schnellzauberer (Snapcaster Mage)
3x
Plundermagier (Trinket Mage)
16 Spontanzauber
1x
Ancestral Recall
1x
Gedankenwirbel (Brainstorm)
4x
Willenskraft (Force of Will)
1x
Ungegebene Geschenke (Gifts Ungiven)
3x
Manaentzug (Mana Drain)
2x
Mentaler Fehltritt (Mental Misstep)
2x
Schwerter zu Pflugscharen (Swords to Plowshares)
1x
Streben nach Wissen (Thirst for Knowledge)
1x
Blutsaugender Lehrmeister (Vampiric Tutor)
16 Länder
2x
Seelengewölbe (Cavern of Souls)
1x
Zephaliden-Kolosseum (Cephalid Coliseum)
4x
Gefluteter Strand (Flooded Strand)
1x
Insel (Island)
2x
Verschmutztes Delta (Polluted Delta)
1x
Akademie von Tolaria (Tolarian Academy)
2x
Tundra (Tundra)
2x
Unterirdischer See (Underground Sea)
1x
Vulkaninsel (Volcanic Island)
1 Planeswalker
1x
Jace, der Gedankenformer (Jace, the Mind Sculptor)
6 Hexereien
1x
Dämonischer Lehrmeister (Demonic Tutor)
1x
Handelsvertrag (Merchant Scroll)
1x
In Betracht ziehen (Ponder)
1x
Reanimation (Reanimate)
1x
Time Walk
1x
Yawgmoths Wille (Yawgmoth's Will)
Sideboard
1x
Käfig des Totengräbers (Grafdigger's Cage)
1x
Lähmungsnadel (Pithing Needle)
1x
Tormods Krypta (Tormod's Crypt)
1x
Schandstahl-Koloss (Blightsteel Colossus)
1x
Kataki, Preis des Krieges (Kataki, War's Wage)
1x
Siegel der Reinheit (Seal of Cleansing)
1x
Hurkyls Erinnerung (Hurkyl's Recall)
1x
Umpusten (Snuff Out)
2x
Sabotage des Stahls (Steel Sabotage)
1x
Schwerter zu Pflugscharen (Swords to Plowshares)
1x
Ebene (Plains)
1x
Jace, der Gedankenformer (Jace, the Mind Sculptor)
1x
Zwang (Duress)
1x
Bastelei (Tinker)