6 Kommentare
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#1 – urza111 kommentiert: | 23.04.2023 - 15:38 Uhr |
Zunächst einmal vielen Dank für die bisher perfekte Regelübersetzung, auch wenn es durch die blöde Schlüsselwortflut der Wizards immer schwerer wird.
In manchen Punkten sprichst du mir direkt aus der Seele und in anderen Punkten empfinde ich es ganz anders.
Was mich am stärksten stört ist die FLUT von immer neuen Produkten. Das ist so viel, dass sogar ich, der bestimmt 15 Jahre von sich behaupten konnte JEDE nach 1994 gedruckte Karte zu besitzen inzwischen aufgegeben hat. Heutzutage beschränke ich mich auf 1 Display pro "richtige" Edition und ignoriere die ganzen Secret-Lair, Jumpstart, XXX-Remastered-Produkte.
Was ich aber ganz deutlich sagen will ist, dass all die neuen Mechaniken wirklich richtig Spaß machen. Am besten nähert man sich dem im PreRelease und ich habe dort erlebt wie viele Spieler Magic ausschließlich im Limited-Format spielen. Die kommen da hin und betrachten es wie einen Kinobesuch. Es kommt auf den Spaß an!! Und wenn man sich dann ein Draft-Diplay kauft merkt man dass das Produkt tatsächlich für Booster-Draft gemacht ist. Alles passt zueinander und man kann die versteckten Synergien erkunden. Wer dagegen ein Display kauft um damit seine bisherigen Decks, die aus vielen Editionen zusammengestellt sind, zu verbessern findet oft nur 1-2 Karten die dafür geeignet sind.
Was ich auch sagen möchte ist dass Arena eine schöne (und sehr preiswerte) Plattform ist, um sich den neuen Mechaniken in einer definierten Umgebung (Standard) zu nähern. Das Erscheinen jeder neuen Edition modifiziert auf phantastische Weise das Metagame. Und da dort all die unspaßigen alten Karten fehlen kann man mit den neuen Karten Decks bauen die in einem Spiel ohne Formatbeschränkung gar nicht funktionieren würden.
Die Doppelseitigen Karten aus dem "Marsch der Maschine" sollte sich jeder mal anschauen. Wenn man die nicht gerade mit Kopierfähigkeiten und Tag/Nacht mischt ist es auch für Anfänger nicht schwierig.
Ich werde dem Magic-Spiel ganz sicher auch weiterhin treu bleiben.
Danke für die ausführliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Übersetzung des Regelwerks ist zwar alles andere als perfekt, aber ich nehme die netten Worte dazu gerne an.
Vielleicht liegt ein Teil meines Dilemmas auch darin, dass ich (zu?) viele Decks habe, die gepflegt werden wollen: Auch wenn es tatsächlich nur ein bis zwei, möglicherweise aber auch mal bis zu fünf Karten aus einer neuen Edition sind, die ein paar der Decks aufwerten würden, komme ich mit dem Überarbeiten und dem Testen kaum hinterher. (Wie oft muss man ein Deck spielen, um festzustellen, ob sich die Änderung an ein, zwei oder drei Karten positiv bemerkbar macht...?)
Es ist schön, dass deine Begeisterung für das Spiel auch nach so vielen Jahren noch anhält. Limited war nie so recht mein Ding, und online mag ich Magic nur spielen, wenn es die virtuelle Variante eines echten Treffens mit einem echten Freund und den virtuellen Ausgaben unserer echten Decks ist. Ich spiele mittlerweile häufiger andere Karten- und Brettspiele als Magic und kann dieser Vielfalt (in Form von wirklich ganz unterschiedlichen Spielen) zunehmend mehr abgewinnen. Was aber nicht heißt, dass ich Magic in absehbarer Zeit den Rücken zukehre.
#3 – Gitrog kommentiert: | 24.04.2023 - 18:52 Uhr |
Ich sehe das sehr ähnlich wie du. Ich habe den Eindruck, dass die größere Menge an Produkten und das gleichzeitige Aufbrechen der Blockstruktur bei mir zu einer gewissen Fatique geführt hat. Ich verfolge weiterhin die Spoiler und denke mir auch bei manchen Karten, dass sie doch in eines meiner Decks passen würden, aber gefühlt beginnt schon fast die Spoiler zur nächsten Edition, bevor ich die Zeit finde, mir ernsthaft Gedanken zu machen, was ich denn eigentlich möchte. Dazu kommt, dass die Sets eben nicht mehr wie früher in Blöcken erscheinen und damit Mechaniken und Themen gar keinen Platz mehr haben, exploriert zu werden. "Flops" gab es aber in meinen Augen schon länger bei den Schlüsselwörtern: Wegfegen ist zum Beispiel in meinen Augen nicht die glorreichste Idee gewesen. "Für Mirrodin!" hat mich aber tatsächlich auch sehr gestört - zum einen gibt es die Fähigkeit ja schon beinahe genau so und der Name erlaubt ja nicht mal, dass sie irgendwann nochmal vorkommen könnte (Ich verstehe natürlich, dass "Lebende Waffe" als Schlüsselwort für die Mirraner nicht gepasst hätte).
Ebenso stört mich der inflationäre Einsatz von doppelseitigen Karten. Die zwingen die Spieler nicht nur dazu, ihre Karten in Hüllen zu packen, sondern sorgen auch noch für zunehmende Komplexität - ungeachtet von den seltsamen Regelinteraktionen, die oben beschrieben sind. In meiner Spielgruppe kennt zumindest nicht jeder alle Karten auswendig und immer noch herausfinden zu müssen, was die Rückseite macht, hilft dabei nicht weiter. Dazu habe ich den Eindruck, dass immer mehr Karten gedruckt werden, die wahrscheinlich eher für das Online-Spiel gedacht sind - zum Beispiel Kopien von Bleibende-Karten-Zaubern. Unfinity hat dem ganzen natürlich die Krone aufgesetzt.
Danke auch dir für deine Gedanken. Die Sache mit den Blöcken ist in der Tat auch so etwas. Zwar schere ich mich in meinen Decks in der Regel nicht darum, aus welcher Edition oder aus welchem Block eine Karte stammt (oder ob Schlüsselwortfähigkeiten vom Namen her passen), aber es hatte durchaus einen gewissen Tiefgang, Schlüsselwörter im ersten Set eines Blocks einzuführen und in den anderen Sets weiter auszuloten oder auch zu variieren. Vor allem aber gab es dadurch eine gewisse "Verweildauer", die, wie du richtig beschreibst, abhanden gekommen ist. Und damit verstärkt sich aus meiner Sicht das Gefühl der Beliebigkeit.
Bei mir ist es seit Jahren schon so, dass ich überwiegend andere Spiele als Magic spiele. Der einzige Mitspieler, der mir geblieben ist, ist mein Bruder, wenn ich alle paar Wochen bis Monate meinen Heimatort aufsuche (und seltenst ein in die Ferne gezogener Freund). Die Möglichkeit, im Magic-Laden vor Ort zu Draften oder Anschluss an eine Spielergruppe zu suchen hätte ich zwar, reizt mich aber offengestanden nicht (mehr). Magic war für mich immer schon eine Aktivität mit Freunden, und eine Gruppe zu suchen nur um des reinen Spielens willen will ich nicht, die Hürde, eine wiklich kompatible Gruppe zu finden, scheint mir zu hoch (und zum reinen Spielen könnte ich ja auch Arena nutzen).
Dazu kommt, dass Magic auch kein Spiel ist, das man Mal so zu einem Spieleabend mitbringen kann und da dann "gelegentlich" spielt, weil es einfach wahnsinnig komplex ist und die Einstiegshürde doch ziemlich hoch (wenn schon wir "Veteranen" bei den ganzen Schlüsselwörtern nicht mehr richtig durchblicken). Dann spielt man eben was anderes.
Den Blöcken trauere ich tatsächlich hinterher, da mich die Welten und Hintergrundgeschichten schon immer fasziniert haben (mindestens so sehr wie das Spiel selbst). Da fehlt mir seit Jahren der Tiefgang, meine Gedanken dazu habe ich zum Teil hier in der Lese-Ecke am konkreten Beispiel Kamigawas schon einmal formuliert. Zu dem Story-Thema insgesamt wäre vielleicht eine gesonderte Auseinandersetzung angebracht (wenn ich die Motivation dazu finde), das würde hier den Rahmen sprengen.
Zur Produktflut kann ich nur sagen, dass das meiste mittlerweile an mir vorübergeht. Ich kaufe mir sporadisch Einzelkarten, aber im großen und ganzen habe ich seit langen Jahren keine "richtigen" Magic-Produkte mehr gekauft. Auch hier scheint der Hauptfokus mittlerweile auf Commander zu liegen, damit sind die meisten Produkte für mich einfach uninteressant. Hier trauere ich besonders den guten alten™ Themendecks hinterher. Die haben mich zu manchen Decks inspiriert, die ich auch heute noch gerne spiele und an denen ich gerne herumtüftle.
Das einzige, das ich in den letzten Jahren tatsächlich gekauft habe, waren je vier Jumpstart- bzw. Jumpstart 2022-Booster. Da finde ich das Grundkonzept durchaus interessant, die verschiedenen Themen haben für mich zumindest ein bisschen Themendeck-Feeling (und ich fand die thematisch passenden Standardländer aus dem ersten Jumpstart genial). Auch da würde ich natürlich lieber gezielt Themen kaufen, aber man könnte die ja (meistens) auch nachbauen.
Abschließend heißt das alles gleichzeitig aber nicht, dass ich mich nicht mehr mit Magic beschäftige, ganz im Gegenteil. Für mich hat das Tüfteln an neuen Decks schon fast etwas meditatives, und vermutlich habe ich schon immer deutlich mehr Zeit mit "peripheren" Aktivitäten (Deckbau, Bau von Draftpools, Artikel/Videos über Magic, Hintergrundgeschichte etc.) als mit dem Spielen selbst verbracht, das mich (im verbliebenen) Rahmen noch immer begeistert.
Und zumindest einen großen Vorteil hat der stark begrenzte Mitspielerkreis: man kann sich sehr genau absprechen, wie das Spiel aussehen soll und was einem Spaß macht (aktuell ist das Themendecks nach dem alten Vorbild selbst zu bauen)
Vielen Dank für deine Beiträge zum Thema. Wenn ich das richtig verstehe, liegt es bei dir aber eher daran, dass die frühere Spielerschaft weggebrochen ist und es (zu) mühselig ist, neue Mitspieler zu finden – zumal du auch gerne andere Spiele spielst, für die sich leichter Spieler finden lassen.
Auch wenn mein Beitrag ursprünglich dem Frust ob der Überarbeitung des Regelwerks entsprungen ist, kreisen meine Gedanken seither jedoch verstärkt um die Frage nach der gemeinsamen Zukunft von Magic und mir. Da ist ein Multiplayer-Abend wie diese Woche nicht hilfreich: Wir haben in sechs Stunden drei Spiele gespielt. Das erste hat mehr als die Hälfte der Gesamtzeit in Anspruch genommen, und auch wenn ich das (aus meiner Sicht: verrückterweise) sogar gewonnen habe, fühlte ich mich eher, als sei ich zum Sieg gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Spiel zwei und drei habe ich vor allem gegen mein eigenes Deck gekämpft, das mir keine Länder nachlieferte, als gegen den übermächtigen Gegner, bei dem es ganz im Gegenteil glänzend lief. Frustrierend.
Und damit zu einem Aspekt, dem ich mich, glaube ich, noch gar nicht ausführlich gewidmet habe: Wie fühlt es sich an, wie fühle ich mich dabei?
Ein kleiner Exkurs: Regelmäßig spiele ich mit einem Freund andere Gesellschaftsspiele, und vor einiger Zeit haben wir uns das kooperative "Die Legenden von Andor" vorgeknöpft. Wir sind (über mehrere Treffen verteilt) zweimal am Einführungsspiel(!) gescheitert, ebenso an dem nächsten Abenteuer. Weil wir vermutet haben, dass das Spiel möglicherweise nicht ausbalanciert ist und zu zweit einfach nicht gut funktioniert, haben wir daraufhin mit je zwei Figuren quasi zu viert gespielt – und haben es trotzdem nicht geschafft. Nach jeder Partie haben wir diskutiert, was wir falsch gemacht haben, wo es noch ungehobenes Potenzial gibt, wo wir einfach nur Pech beim Würfeln hatten usw. Denn so eine kooperative Herausforderung, die man immer wieder ein Stückchen weiterbringt, die kannten wir schon von "Die Crew" (Weltraum und Tiefsee), und da hatten wir richtig Bock drauf. Und dann haben wir uns, statt zu überlegen, was wir besser machen können, die Frage gestellt: Macht das überhaupt Spaß? Und die Antwort war glasklar: Nein! Auch wenn wir noch besser spielen, auf alles achten, keine Fehler machen, mehr Glück beim Würfeln haben und dann eventuell mal ein Abenteuer tatsächlich schaffen, dann würden wir uns ja doch nur wie Getriebene fühlen, als ob das Spiel UNS spiele anstatt wir das Spiel. Mit dieser Erkenntnis konnten wir dann ganz einfach das Spiel wegpacken und mit dem Thema abschließen. Und das fühlte sich richtig an.
Auch bei Magic fühle ich mich oft als Getriebener, und zwar schon beim Deckbau: Kombos üben seit jeher einen Reiz auf mich aus, aber weil ich weiß, wie blöd das für den Gegner ist, versuche(!) ich, mir das zu verkneifen. Decks, die zu sehr von einzelnen Schlüsselkarten abhängen, sind meist zu anfällig, und ich ziehe sie für Neubauten nicht (mehr) in Erwägung. Ich liebe es, eine Maschinerie aufzubauen, wo eins ins andere greift, aber das ist für gewöhnlich zu langsam. Schnelle Decks interessieren mich nicht, es geht ja weder darum, so schnell wie möglich zu gewinnen, noch an einem Abend möglichst viele Partien zu absolvieren. Einigermaßen unverfänglich sind Stämme-Decks, aber auch hier gibt es alles von hammerhart bis einfältig. Das alles trägt dazu bei, dass meine Deckbauaktivitäten quasi zum Erliegen gekommen sind (ein neues Deck 2020, zwei in 2018).
Beim Spielen hat Magic weitere Fallstricke, die zu Frust führen können. Wie bei jedem Kartenspiel kann ich Pech beim Ziehen haben, mal ziehe ich zu wenig Länder, mal zu viele, oder das Deck hat viele Optionen, um an die Schlüsselkarte zu kommen, und trotzdem passiert das nicht. Ich kann auf schnelle Decks treffen, die mich umbringen, bevor ich nur halbwegs Fuß gefasst habe. Es gibt Kontroll-Decks, die mich klein halten und sich so die Zeit erkaufen, bis etwas aufgebaut ist, was mir keine Chance mehr lässt. Ein Kombo-Deck agiert zunächst unscheinbar, bis die Kombo kommt und alles zunichte macht, was ich mir bis dahin erarbeitet habe. Manchmal genügt dem Gegner die eine, gut geschützte Kreatur, die mich Runde um Runde verprügelt, während er alles wegmacht, was ich mir aufbauen will. Spannend wird es in solchen Fällen eigentlich nur, wenn ein schnelles Deck auf ein schnelles Deck trifft, ein Kontroll-Deck auf ein anderes Kontroll-Deck oder Kombo gegen Kombo. Aber das spricht man vorher ja nicht ab, darum ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es nicht so prickelnd ist, für mich, für den anderen oder gar für beide.
Dazu kommt, dass es sich in der Regel nicht vorher abschätzen lässt, ob eine Partie dreißig Minuten oder drei Stunden dauert. Mit etwas Glück ist das lange Spiel das spannende und das blöde Spiel wenigstens schnell vorbei. Und mit etwas Pech ist es (gerade im Multiplayer) genau anders herum. Das ist bei anderen Gesellschaftsspielen anders: Man hat ein Gefühl dafür, auf welche Spieldauer man sich für eine Partie "Dominion", "Wikinger" oder "Union Pacific" in etwa einlässt, und wenn mir ein Spiel nicht zusagt, dann spiele ich es einfach nicht mehr. Ja sogar der Mitspieler lässt sich da einordnen, welches Spiel spiele ich mit einem, der lange plant und überlegt, wer ärgert sich zu sehr über einen verlorenen Würfelwurf usw.
Vielleicht sind das aber auch nichts weiter als Abnutzungserscheinungen. Immerhin reichen meine Anfänge mit Magic ins letzte Jahrtausend zurück, und ich habe kein anderes Spiel auch nur annähernd so oft und regelmäßig gespielt wie dieses. Weil es ganz klar seinen Reiz hat. Weil es so viele Möglichkeiten bietet. Weil es so variabel ist. Weil es abwechslungsreich ist. Und jetzt entdecke ich (wieder) verstärkt, welchen Reiz andere Spiele haben, und wie abwechslungsreich es allein schon aufgrund der Vielfalt sein kann.
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